So, so fange ich immer an wenn sich etwas dem Ende entgegen neigt, so, die letzte Woche Neuseeland hat begonnen. will sagen, da gibt es noch einiges zu sehen.
Als erstes habe ich mir die Paparoa Range, ein Gebirgszug von 1500 m Hoehe aus Granit, Gneis und Kalkstein angeschaut. Bekanntestes Ziel sind hier die Pancake Rocks.
Sie schliessen die Blowholes ein, Auslassventilen gleiche Hoehlen, aus denen je nach Wetterlage die Gischt wie aus Geysieren meterhoch spritzt.
Fuer mich sind das real, wirklich vergessene und ueber die jahrtausende gealterte, versteinerte Pfannkuchen. Ich denke, dass die grossen Goetter (und gross waren sie, wenn man so in die Maori Geschichte hinein hoert)
einfach riesige Riesenriesen waren. Die haben sich da abends an der Kueste ein schoenes Lagerfeuer gemacht und dann gab es zur Feier des Tages, die Entdeckung des Feuers, Pancake bis der Arzt kommt. So viel, dass nicht alle gegessen wurden. Den Rest duerfen wir Touristen jetzt photografieren. Diese Punakaiki werden allerdings eher neuchtern von den sachlichen Menschen als 30 Millionen Jahre uebereinander geschichtete Ablagerungen von Kalksedimenten und Tonmineralien erklaert. Diese (laut den Schlaumeiern) erodierten unterschiedlich schnell, seit sie durch eine Landerhebung an die Oberflaeche gehoben und Wind, Wellen und Regen ausgesetzt sind. Diese Landerhebung ist genauso wenig bewiesen wie meine Riesentheorie.
Dann ging es weiter, entlang der rauen Westkueste. Mal mit dem Auto, mal stundenlang zu Fuss. Und die endlosen Strassen hatten es in sich. Zwar boten sie eine wunderbare Aussicht, aufgelockert mit herrlichen Seen.
Auf der anderen Seite wurden sie endlos lang, manchmal wusste ich nicht mehr, was ist Realitaet, was eine Fatamorgana.Was da alles so auf der Strasse herumlief, oder wenns nicht mehr lief, gings halt den Abhang runter.
Und bei den stundenlangen Fahrten konnte einen schon mal der Wahnsinn ueberkommen. Der mich sowieso langsam ueberkommt. So schoen, aber auch besonders lehrreich fuer mich war, allein eine Zeit zu verbringen, so einsam wird es langsam. Denn immer nur die Eindruecke mit mir selbst auszutragen, das ist schwer.
Zwischenstation war das Ski- und Vergnuegungsparadies Queenstown. Wunderschoen gelegen, aber die Stadt ist eine grosse Kirmesbude. Vor allem, wegen dieser winterlich, kalten Gegend habe ich seit 6 Monaten meine ganze Wollkollektion mitgeschleppt. Wofuer: Was ihr seht, das ist die Abendtemperatur, also Klamotten fuer die Katz. Na ja, was solls.
Also am naechsten Morgen direkt weiter, denn dass eigentliche Ziel liegt im Sueden der Suedinsel, das Fjordland, genauer gesagt der Milford Sound.
Zum Fjordland gibt es, wie bei so vielen Dingen im Leben, zwei Ansichten.
Die Wissenschaft erklaert die Entstehung als komplexe geologische Entwicklung der letzten 500 Millionen Jahre. So bildeten sich unter Druck und Hitze tief im Inneren der Erdkruste dicke Sedimentschichten harten kristallierten Schiefers, Granits und Gneis. Mit dem Ansteigen und Abfallen der Landmasse und des Meeresspiegels lagerten sich weichere Sand- und Kalksteinschichten darauf ab. Dann, so die Wissenschaft, hobelten waehrend der Eiszeit gewaltige Eismassen die Taeler aus, in die dann das Meerwasser draengte. So sind Neuseelands 15 Fjorde und Fjordsysteme von Gletscherzungen der letzten Eiszeit geformt. Die
gewaltigen Eismassen kerbten in das Grundgestein beeindruckende U-foermige Taeler, in die dann nach Rueckzug des Eises das ansteigende Meer eindrang. Aehnlich den Fjorden in Norwegen haben sie an der Muendung zum Meer eine Moraenenschwelle (unterseeische Barriere) und erreichen dort nur ein Bruchteil der Wassertiefe wie im Inneren des Fjordes. Beim Milford sind es 70 m zum Uebergang in das tasmanische Meer; in der Mitte vor dem Mitre Peak betraegt die Tiefe beeindruckende 450 m.
Zusammendfassend kann ich also klugscheisserisch festhalten, dass der Milford Sound ein versunkener Gletscher ist, also kein Flusstal und somit ein Fjord.
Nur habe ich wie so oft das Gefuehl, der Maori an sich hat die bessere Erklaerung. Dem Maori Halbgott Tu te raki whanoa wurde einst die Aufgabe erteilt, die zerklueftete suedwestliche Ecke von Te Rua o te moko, oder auch Fjordland, zu gestalten. Waehrend er einen aus alter Zeit stammenden Karakia -Gesang- wiederholte, benutzte Tu te raki whanoa seinen ko -Grabestock- um die grosse Mauer zu meisseln. Sich von Sueden nach
Norden bewegend, vollendete er sein Werk und schuf die steilen, klar geschnittenen Flanken des Piopiotahi, oder auch Milford Sound.
Die Inseln Resulotion Island und Secretary Island liess er ganz, weil, da stand er mit seinen Fuessen drauf. Je mehr er nach Norden kam, um so mehr verbesserte sich seine Technik. (Nun der Versuch einer Uebersetung ins maori: I ka wa o mua, ka riro ma temaia ra, Tu te raki whanoa te taha toka o Te Rua o te moko e awairau.Ka tatai ia tana karakia tahito, a usw, usw)
So liegt der Beweis im Nancy- und Caswell Sound mit ihren feineren Konturen. Sein Meisterwerk wurde dann der Milford Sound, den die Maoris aber Piopiotahi, die einsame Drossel, nennen.
Nun ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Denn mit der Fertigstellung bekam er Besuch von der Goettin des Todes -Te Hine nui to po-. Diese befuerchtete, das Tus Werk so schoen auf die Menschen wirken koennte, dass sie fuer immer in Piopiotahi leben wollten. Damit die Menschenkinder ihre Sterblichlkeit aber nicht vergessen, liess die Goettin die Sandfliegen -namu- frei. Der Ort an dem sie das tat -Te Namu a Te Hine nui te po- liegt am Ende des Milford Track und ist heute unter dem Namen Sandflypoint bekannt.
Wenn ich die Einheimischen und alle Reisefuehrer richtig verstehe, handelt es sich um unglaubliche Plagegeister. Ein Backpacker erzaehlte mir, tausend mal schlimmer als Mueckenstiche, weil, man kann es nicht lassen so lange zu kratzen bis bald kleine Eiterbeulen da sind. Ich zitiere mal James Cook, als der 1773 in die Sounds hereinsegelte. "Die boshafte Kreatur hier ist die kleine Sandfliege, die so zahlreich auftritt und mit ihrer Heimtuecke alles uebertrifft. Wo immer sie stechen, sorgen Schwellungen und ein solch unertraegliches Jucken fuer stetiges kratzen und am Ende ist man von Geschwuelsten uebersaet, die wie Pocken aussehen".
Wenn ich zu guter letzt noch meine unmassgebliche Meinung aeussern darf.
Der Milford Sound war das letzte Treffen der Riesenriesen. Irgendie hatten die Riesenriesen eines Abends einen Riesendurst. Sie stauten die Meere und liessen stattdessen Wein in Riesenmengen hinein laufen. Und dann gab es das Riesenbesaeufnis. Die hatten danach einen solchen riesen Kater, dass sie in einen tiefen fast nicht zu endenden Schlaf fielen. Sie schliefen so lange, bis sie das Aufstehen verschliefen und zu Stein wurden. Was in ihnen aber nicht versteinern konnte, war ihre Seele. Und die traegt jeder Berg noch in sich. Und wenn sie so da
in ihrer Versteinerung sitzen (der Milford Sound, peinlich der Name fuer eine sitzende Riesenversammlung), dann sehen sie aber auch wie schoen sie im Sonnenlicht, ja selbst bei stroemenden Regen wirken. Ja und dann weinen sie vor Freude, die Traenen laufen in Sturzbaechen in die See.
Und wenn ihre Seele weiterlebt, werden sie sich noch in tausend Jahren so freuen. Und wir kleinen Touristen werden weiterhin viele Photos machen und uns ebenfalls freuen.
Und bestimmt erfreuen wir uns auch an den Tieren des Fjordes. So schnell wie die Delfine vor dem Bug des Schiffes vorbei schossen, so schnell kann ich gar nicht den Ausloeser betaetigen.
Dafuer liessen es die Robben Damen eher gemuetlich angehen.
Und dann fuhr ich ueber die stuerzenden Baeche weiter, denn ich habe fuer die naechsten Tage ein Date, dass grosse Treffen der Gelbaugenpinguine und ich hoffe, den majestaetischen Flug der Albatrosse.