Nun atme ich erst mal richtig durch und versuche in Ruhe wieder bei mir anzukommen. Ankommen heisst auch erst mal allein sein, denn der wunderschoene Urlaub mit Ariane hat ein Ende. Es waren spannende 4 Wochen in einem unbekannten Land. Unbekannt, weil irgendwie ungewohnt, unbequem, weil so unglaublich viel.
Gelandet sind wir in Yangon, der 5 Millionen Hauptstadt. Unser wirklich schnuckeliges Hotel mit Teakholzboden lag fusslaeufig zur Innnenstadt. Fusslaeufig heisst hier 2 1/2 Stunden Marsch entlang der Shwedagon-Pagode bis die Flipflops qualmten.
Apropo Shwedagon-Pagode: Als eines der groessten Symbole des Landes ist sie nicht nur das Ziel aller buddhistischen Pilgerer aus der ganzen Welt, sie ist auch tonnenschwer mit Gold und Edelsteinen beladen. Was sich statistisch wie folgt ausdrueckt: 13.000 Goldplatten mit einem geschaetzten Gewicht von 60 Tonnen. 64 kleinere und vier groessere Stupas umgeben die Hauptstupa, wo sich edelsteinbehangene Schreine und Buddhastatuen aus Marmor und Messing ein Stelldichein geben. Mit ueber 100 m Hoehe
wird hier das Streben nach Vollkommenheit sichtbar demonstriert. (Wenn jemand Interesse hat, mir stehen aus dem sehr guten Reisefuehrer von Stefan Loose 15 Seiten zur Verfuegung, die Pagode in allen Einzelheiten zu beschreiben). Aber da ich noch so unendlich viel mitzuteilen habe, jetzt mal zurueck zum Anfang.
Der Taxifahrer am Flughafen hielt kurz an einer Agentur und schwups hatten wir einen freundlichen Guide namens Myo auf dem Beifahrersitz, der uns ein 12 Tageangebot mit Taxi entlang der Touristrecken durch Myanmmar offerierte.
Wir lehnten erst mal dankend ab, denn als Abenteurer und so richtige Backpacker sollte der Bus herhalten, um Land und Leute kennen zu lernen. Land und Leute, das ist hier etwas ganz spezielles. Denn der Tourismus befindet sich noch in den Kinderschuhen. Deutlich zu erkennen, dass sich eine andere Sprache als die Landessprache kaum auf Schildern wiederfindet. Das heisst nicht, dass die Menschen sich hier scheu hinter ihrer Sprache verstecken. Von wegen, selten in so viele offene und lachende Gesichter gesehen. Auch mit dem Photografieren gab es keine Schwierigkeiten. Immer wird offen und ehrlich gelaechelt, also meistens, wenn nicht gerade dafuer ein kleines Trinkgeld erwartet wird.
Also nach einem Tag Yangon (fuer Europaer sehr chaotisch und einfach) haben wir uns dann doch zu dem Angebot der Rundreise mit dem Taxi entschlossen. Bei einem gemeinsamen Essen wurde die Tour besprochen, dann begann bequem mit Sain und Myo (Driver und Guide) eine 12 taegige Tour ueber Bago, Kalaw zum Inle-See. Von dort nach Mandalay (1 Mio EW). Nach 3 Uebernachtungen hiess dann das Ziel Bagan (siehe letzter Eintrag). Von dort aus ging es mit Uebernachtung in Pyay ueber Yangon an den wohlverdienten Strand.
Diese 12 Tage hatten es in sich. Kaum vorstellbar, dass ein Ochsenkarren noch das gaengige Werkzeug zum Bestellen der Felder ist. Felder auf denen ansonsten wirklich nur von Hand geerntet wird. Als Befoerderungsmittel dienen sehr oft noch Pferdekutschen und Fahrradtrishaws, wo sich ein meist junger Mann abmueht 2 Personen oder auch 10
Sack Reis zu transportieren. (Registriert sind allein in Yangon 20.000 und Mandalay 11.000 dieser Transportmittel). Das Bussystem ist hoffnungslos ueberlastet und so finden sich auf den Minibussen eben eine ungezaehlte Anzahl Menschen.
Strassen, die eigentlich nur aus Schlagloechern bestehen, wenn sie ueberhaupt zu sehen sind. Wenn ich da mal Formenterea wieder zu Hilfe nehmen darf (diese ausgelutschten Caminos die jede Fahrt zur Qual machen koennen, so sind die Strassen in Myanmar. Nicht alle, manche sind noch schlimmer. Es gab ganze Tage, da sind wir im Schnitt mal flotte 20-30 km in der Stunde voran gekommen und das bei 12 Stunden im Auto. Oder wir sind gar nicht vorangekommen, den wenn ein Lkw mal wieder liegen blieb, ja dann stand alles. Aber wir wollen nicht klagen, denn da gibt es noch so vieles zu berichten.
Allein die Handwerksbetriebe koennten hier Seiten fuellen. Angefangen von der Glasblaeserei (die angesehenste in Yangon), ueber das Toepferhandwerk bis eigentlich allem, ist die Auflistung unendlich und alles tatsaechlich per Hand und Fuss. Ganz vorn steht aber eines: In Myanmar ist exakte Ausfuehrung gefragt. Das liegt daran, dass nach Suche zur Perfektion die Taetigkeit im buddhistischen Alltag seit Generationen weiter gegeben wird.
Der Ursprung der einzelnen Handwerke dient der Verschoenerung der buddhistischen Heiligtuemer. Glasblaeserei, Blattgold von Hand, Silberschmied, Schirmmacher, Weberei, Toepferei, Steinmetz fuer Buddhafiguren, Lackarbeiten, Papierherstellung fuer Blattgold und Schirme etc.
Und es ist nicht zu uebersehen, dass die gewebten Stoffe die bezaubernsten und schoensten europaeischen Frauen kleiden.
Ich habe mich da eher an die Herstellung von Sesamoel gehalten. Nicht zuletzt deshalb, weil in der gleichen Huette das Palmbier hergestellt wird. Da bin isch mir auch nicht zu fiess fuer, da heisst es die Aermel hochgekrempelt und mit dem Bueffel ne Runde gedreht.
Beispielhaft fuer das goldene Handwerk stehen die Lack- und Goldarbeiten.
Die Gegenstaende aus Lack haben ihren Ursprung in China, vermutlich im Ursprung des 11 Jahrhundert. Die Ritz- und Polycromtechnik ist sehr arbeitsintensiv und kann bis zu einem Jahr dauern. Je farbenpraechtiger um so mehr Arbeitsgaenge. Der Lack kommt vom Thitsibaum, der in Myanmar hauptsaechlich in den Shanbergen waechst. Aus dem Baum wird eine zaehe Fluessigkeit gewonnen, die in Verbindung mit der Luft aushaertet und sich tiefschwarz verfaerbt. Fuer die Gefaesse wird erst eine sehr flexible Form aus Bambus gefertigt. In mehreren Arbeitsgaengen werden die Lackschichten aufgetragen, dann nochmals mit rot, gruen, gold und gelb bemalt und um dann vorsichtig die kleinteiligen Formen herein zu kratzen. Im Shanstaat werden sogar grosse Buddhafiguren aus Bambus geformt und dann mit Lack gehaertet.
Bei uns wuerde der Arbeitsschutz die Haende uebe dem Kopf zusammen schlagen, wenn er die Goldschlaeger beurteilen muesste.
Die jungen Maenner fangen mit 16 Jahren an, mit 45 ist der Ruecken voellig verschlisssen. Trotzdem ein sehr begehrter Beruf mit gutem Einkommen und natuerlich der Aussicht, unbezahlbarer Verdienste fuer das naechste Leben zu erwerben. In Hirschlederölappen wird hier das Gold zwischen Bambusblaettern immer und immer feiner fuer 6 Stunden mit dem Hammer geschlagen. Das Gold ist dann nur noch 1/1000 mm dick. Jetzt wird das Gold in windgeschuetzten Zimmern zu quadratischen Goldplaettchen geschnitten. Das Bambuspapier fuer die Goldschlaeger wird in der Werksatt hergestellt und das unter unwuerdigen Bedingungen (hier sitzen 20 Frauen in einem kleinen, stickigen Raum, das schnuerte uns den Hals zu, da blieb auch die Kamera aussen vor) und schlagen das Papier windelweich, also die schlagen sich echt nen Woelfchen.
Da sieht doch die Bewegung mit dem Fuss und die blitzschnelle Herstellung eines Schirmes menschenwuerdiger aus.
Und mit dem Fuss koennen die so einiges. Davon aber spaeter mehr, wenn ich Bilder der Einbeinruderer und die Langhaelse vorstelle.
Jetzt geht es aber es mal auf die gemuetliche Tour weiter durch das unbekannte Land.