Sunday, June 25. 2006Abschied nehmen
Auch wenn jetzt einige ernstere Gedanken folgen, so habe ich natuerlich das Lachen und den Spass nicht verlernt. Aber zum Leben gehoert nun mal beides und davon mal eine Kostprobe.
Vorher noch das ruhige Feuer und chilenischen Rotwein genossen, jetzt sitze ich 7 Stunden im Bus, Richtung Mendoza. Da ist viel Zeit, bei herrlichem Blick in die schneeverhangenen Anden, seine Gedanken laufen zu lassen. Schon formulierte Gedanken aufzunehmen und alles in eine Form geben. Beschreiben wie Betrachtungsweisen, Lernprozesse und vieles mehr bei und in mir stattfinden. Zum Anderen natuerlich auch die Gedanken, die in unmittelbarer Weise mit meinen Reiseeindruecken zusammenhaengen. Nun erst mal meine, vielleicht etwas philosophische Betrachtungsweise. Dabei immer locker bleiben, denn das Leben ist nicht nur schwer, es macht auch Spass. So geschehen heute mit den Eindruecken in Mendoza, eine argentinienische Stadt, die mit dem Fussball lebt. Hier hat jeder Verkaeufer, selbst in der Apotheke, ein Trikot an. Kommt mir gelegen, das ist hier im Moment die Quelle des Fussballsportes. Lustig und abwechslungsreich auf der einen Seite, andererseits gehts auch woanders ab. Es gilt fuer mich zu lernen, Dinge (und damit meine ich Liebe, Eindruecke, Gefuehle, viele Gedanken) mit dem Herzen zu sehen. Diese Reise ist der Weg zu lernen, meinem Herzen naeher zu kommen. Und mit Naeherkommen ist auch immer ein Weggehen verbunden. Bis jetzt hatte ich Angst mit dem Weggehen alte Gewohnheiten loszulassen, weil ich Dinge nicht verlieren wollte. Weil des Menschen Sinn eben der ist, alles festzuhalten. Aber dieser Sinn hat sich ueber eine lange Zeit entwickelt. Der Mensch hat sich so entwickelt, ohne zu hinterfragen, ob das richtig ist. Eines ist es gewiss, es ist bestimmt bequem. Und aus der Bequemlichkeit heraus zu gehen, dass ist nicht so leicht. Der Mensch lebt schon tausende von Jahren. Jeder Mensch lebt schon tausende von Jahren. Und so kann nicht der Einzelne vorgeben, was richtig ist. Was richtig fuer ihn ist, das zu leben, eigentlich richtiger zu erleben (denn das ist der Ansatz in das Bewusstsein zu gehen) ist noch lange nicht richtig fuer einen Anderen. Also ist das grosse Wort TOLERANZ. In der Toleranz liegt die Weiterentwicklung. Denn es geht um das Loslassen. LOSLASSEN heisst nicht, etwas verlieren. Das ist so, wie das Beispiel mit dem Schmetterling. Ich kann nicht etwas einsperren oder festhalten, um es zu behalten. Fuer mich ist das ein langer Weg es zu lernen. LERNEN heisst eben hier auch, es zu leben. Auf diesem Weg bin ich jetzt. Da ist eine Ahnung, dass ich mit dem weggehen und dem loslassen noch lange nicht etwas verliere. Denn nicht umsonst ist die Erde rund. Und wenn ich weggehe um loszulassen, dann ist es nur eine Frage der Zeit und der Strecke bis ich an den Punkt zurueck komme, wo ich losgegangen bin. An diesem Punkt werden immer noch die gleichen Menschen wohnen. Nichts habe ich dann verloren, nur habe ich eben gelernt wegzugehen und loszulassen. Zur Zeit habe ich ein gutes Gefuehl dahin wieder zurueck zu kommen, wo ich gestartet bin. Denn so eine Reise um die Erde kann sehr lange dauern. Vielleicht nur ein Jahr, Jahre, Jahrhunderte oder noch sehr viel laenger. Dann ist es eine Reise um die Welt, die ja unendlich vorkommen kann. Ich denke, bei mir ist das geplante Jahr ein guter Zeitraum. Ich komme dahin zurueck wo ich losgegangen bin und gehe auf den Menschen zu, der mich gehen liess. Und ich freue mich, meine Freundin, alle Geschwister, die Eltern, Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen, ja mein geliebtes Koelle wieder zu sehen. Dann werde ich ein Jahr aelter sein, etwas grauer, aber viele, viele Jahre des gelebten Festhaltens gelernt haben, loszulassen. Und ich hoffe, dass Toleranz ein Teil meines Denkens geworden ist. Mit Toleranz verbindet sich Vertrauen, das Akzeptieren der und des anderen Menschen, seiner individuellen Lebensformen und Eigenarten. Auch wenn sie sich ueberhaupt nicht mit den Eigenen decken. So, das ist der eine Teil meiner Ueberlegungen. Die andere Seite ist das konkrete Erleben, wie und was in mir so in 4 Monaten abgegangen ist. Da spielen natuerlich Reiseeindruecke, fremde Menschen, andere Laender, Kulturen und Religionen eine grosse Rolle. Vier Monate Mittel- und Suedamerika, da heisst es langsam Abschied nehmen. Mexico, Guatemala, Peru, Bolivien und noch ein klein wenig Chile und Argentinien, das waren die ersten Stationen meiner Reise. Ich sage Abschied nehmen, obwohl das so nicht ganz richtig ist. Denn ich bin hier nie wirklich angekommen. In der letzten Zeit habe ich versucht Menschen zu fotographieren. Menschen, die mich unbewusst die Monate begleitet haben. Das hat sich oft sehr schwierig gestaltet, denn sie moechten nicht auf ein Foto. Das respektiere ich, also die Kamera unauffaellig vor den Bauch gehalten, ohne Blick durch den Sucher, pfeifend in eine andere Richtung geschaut und gehofft, dass es was wird. Es ist irgendwie zwiespaeltig, so eine Reise in diese fremden Laender, mit Menschen, die in einer ganz anderen Welt leben. Mittel- und Suedamerika sind teilweise sehr guenstig zu bereisen und mit dem Bus kommt man in die kleinsten Doerfer, aber ich habe nicht das Gefuehl, die Laender gespuert zu haben. Da sind fuer mich die Unterschiede doch zu gewaltig. Es sind teilweise sehr arme Laender, aber ich kann noch nicht einmal sagen, ob die Menschen hier gluecklich, traurig, zufrieden oder unzufrieden sind. Es ist mir nicht moeglich mehr ueber Kultur, Religion oder Denkensweisen zu sagen, als es die Reisefuehrer vorgeben. Und Staedte wie Antigua oder Cusco sind sicherlich bequem zu leben, aber sie spiegeln nicht die Bewohner Guatemalas oder Perus wieder. Der Tourismus und alles was damit zu tun hat, der laeuft auf einer anderen Ebene. Das muss ich mal so deutlich sagen, denn es hier ist ein angenehmes und sehr preisguenstiges Unterwegs sein. Das macht Spass, es entsteht der Eindruck die Welt zu sehen, aber ich sah die Menschen nicht. Wenn ich ueber einheimische Maerkte ging, im hektischen Trubel dort einkauft habe, an langen Tresen die einheimische Garkueche probierte, ja dann war ich mitten drin und doch weit aussen vor. Wenn sich ab und zu Tueren der Haeuser oeffneten, ich ein klein wenig mehr von den Lebensumstaenden erahnen konnte, so stand ich doch nicht im Haus. In ueberfuellten Bussen abgelegene Doerfer zu erreichen, eingeklemmt zwischen riesen Stoffballen, das schlafende Kind an meiner Schulter, mit den Menschen neben mir mit Haenden und Fuessen gesprochen, das war alles Realitaet, aber weit am realen Leben vorbei. Ab und zu gab es aber auch kleine Momente des Naeherkommens. Als mir Guadelupe (meine Spanischlehrerin) aus ihrem Leben erzaehlte, ihre Wuensche und Traeume preisgab. Oder der alte Fischer, der jeden Abend auf dem Steg in Copacobana sehnsuchtsvoll in der untergehenden Sonne auf den Titicacasee blickte. Er sprach mit mir wie mit seinem Sohn, legte seine alte zittrige Hand auf meine Schulter und schwaermte von vergangenen Zeiten. Da standen uns beiden die Traenen in den Augen. Auch die Besitzerin des kleinen Restaurantes am See hatte so ihre Vorstellungen. Oft, wie auch hier, drehte es sich um Familie und Kinder. Sie haette gern ihre Tochter verheiratet. Die sass boese blickend neben mir und erzaehlte von der schlechten Erfahrung mit einem Deutschen. Dafuer war ich in diesem Moment ganz dankbar, denn langsam wurde mir die Situation doch ein wenig brenzlig. Aber auch diese sehr intimen Erlebnisse sind weit davon entfernt, ein Land und seine Bewohner kennen zu lernen. Das sage ich hiermit nur klaerend, das ist kein Bedauern, keine Traurigkeit sondern nur eine Feststellung nach fast 4 Monaten. Fuer mich ist ja auf der Reise auch wichtig, was so mit mir geschieht. In neue Dinge zu gehen und lernen nach innen zu schauen. Aufmerksam zu fuehlen was dann passiert. Und da ist bis jetzt ne ganze Menge passiert. In manchen Sachen habe ich gelernt ueber meinen Schatten zu springen. In und auf Aengste zuzugehen. Demut habe ich gelernt. Viel Respekt habe ich vor den Menschen gewonnen, die mit Disziplin in ihrer Arbeit aufgehen oder mit Eifer eine Sache betreiben. Ich lerne also langsam Toleranz, verliere ein wenig von meiner Starrkoepfigkeit. Ja und ich gewinne Boden unter den Fuessen. Tatsaechlich, obwohl nur 4 Monate, das und vieles mehr beginnt sich langsam zu aendern. Ich lerne mit einigen Gefuehlen besser umzugehen, weil ich lerne mich selbst gern zu haben. Es gibt Momente, da finde ich mich sogar richtig klasse. Auch wenn es vielleicht fuer Aussenstehende befremdlich aus meinem Mund klingt, ja ich werde etwas selbstsicherer. Und diese Selbstsicherheit moechte ich ganz tief in mir tragen. Woran kann ich das alles erkennen und festmachen kann? An meinen Gedanken, an der Unruhe in mir, die beginnt sich zurueck zu ziehen. Natuerlich geschieht das alles seehhhhr langsam, Schrittchen fuer Schrittchen. Despacio, wie ich von meiner Spanischprofessorin gelernt habe. Denn nicht vergessen, ich spreche hier von einem Zeitraum von 4 Monaten und damit kann ich natuerlich nicht 50 Jahre aendern. Aber ich bin ein Mensch, der will etwas aendern. Ich konnte mir nicht helfen, in dem ich sagte, Thomas schau nach vorn, da ist das Leben. Ich bin ein Mensch der zurueck sehen muss, der die Vergangenheit ansehen will, um sein Verhalten im Heute zu verstehen, es auch annehmen und damit zufrieden auf Morgen blicken kann (Frank, danke fuer Deine Mail). Nun, diese 4 Monate hatten es in sich. Neben den vielen Eindruecken der Reise, war ich auch oft bei und mit mir allein. Da hat diese Einsamkeit, das Allein sein, naechtelanges Wachliegen, die Auseinandersetzung mit mir und meiner Gedankenwelt ein ganz klein wenig etwas verschoben. Um das alles in wenige Worte zusammen zu fassen, ein kleines Gedicht. Aus dem Kreis drehn Lerne am Morgen die Feen sehn beginne weite Wege zu gehn lebe am Tag Gedanken verstehn atme Zeiten vergehn werden am Abend die Feen verwehn Jetzt beginnt bald in Neuseeland ein neuer, spannender Abschnitt. Den werde ich allerdings erst einmal sehr ruhig angehen lassen. In Ruhe und vor allem Konzentration mache ich vom 12-23. Juli im Vipassana Zentrum noerdlich von Auckland, in Kaukapakapa, meine 11-taegige Schweigemeditation. Ja und dann steht Neuseeland gross und einladend vor mir. Mit viel Freude sage ich nun Danke und langsam diesen vergangenen 4 Monaten adieu, adieu an Laender die ich vielleicht nicht tief erfahren habe, aber Laender in denen ich fast immer freundlich empfangen wurde. Thursday, June 22. 2006Wein, Fisch, Fritz und Fussball
So Freunde des guten Geschmacks.
Jetzt bin ich nach 24 Stunden Busfahrt am Dienstag nachmittag gut in Santiago de Chile angekommen. Nun besinne ich mich auch mal auf meinen Beruf, deswegen Bilder einer grossen Stadt. Eine Stadt, die sich mit ihren vielen Universitaeten und einem guten Flair nett praesentiert. Wenig Armut, multikulturerell, und viele freundliche aufgeschlossene Menschen. Die Haeuser manchmal bunt, alt neben neu, nicht immer eine staedtebauliche Einheit, also ganz wie zu Hause. Ganz wie zu Hause ist allerdings nicht der Rotwein. Und davon leiste ich mir den einen oder anderen guten Tropfen, denn da hats viele von. Im Moment sitze ich ehrfuerchtig vor einer Ansammlung der Traube Cabernet Sauvignon, ausgebaut in einem sehr alten Eichenfass, des im Sueden liegenden Gutes kleinen Weingutes, Montes Alpha, Jahrgang 2004 und doch schon eine Kraft und Tiefe die mir das Herz hoeher schlagen laesst, will sagen, das Troepfchen laesst sich trinken, trotzsem, jetzt hat der Satz ein Ende, Thema Wein erst mal auch. Irgendwie steht natuerlich auch noch die Frage Fussball im Raum. Darum beneide ich Euch tatsaechlich sehr. Ich glaube, das habe ich ein wenig unterschaetzt, auch die Sehnucht jetzt mit Euch uns zu feiern. Aber der kleine Thomi ist ja schlau und macht eben das Beste aus der Situation. Will sagen, habe gestern sehr mit Argentinien mitgezittert. Nichts gegen die Oranges, aber bei dem nun gelungenen Gruppensieg kommt es am Samstag zu 2 Spielen, die fuer mich eine besondere Bedeutung haben. Zum Einen druecke ich natuerlich unseren Jungs die Daumen, zum Anderen ist das zweite Spiel das Argentinienspiel. Und da mache ich nun das Beste aus meiner desolaten Situation, ich verbinde 3 Dinge auf einmal. 1. ich schaue das Deutschlandspiel. 2. Ich schaue das Deutschland- und Argentinienspiel in Mendoza, werde mir auf jeden Fall ein Argentinisches Trikot kaufen (habe ich wegen der Goldaplikationen schon lange im Auge) 3. ich werde mir ein dickes argentinisches Steak und Argentinischem Rotwein bis zum Abwinken goennen. Das hoert sich gut an, wuerde es aber gegen eine herrliches Essen im Alcazar, bei leckerem Riesling und Fussball im Herzen der Stadt sofort tauschen. Apropo Herzen der Stadt. Ich war heute mitten im Herzen von Santiago, im Mercado Central. Das ist der grosse Einkaufsmarkt, Zentrum des Handels. Von den einfachen Marktfrauen die auf dem Boden sitzend ihre Annanas, Bananen, eigentlich Fruechte jeglicher Art anbieten, bis zu den schreienden Fisch- und Gefluegelverkaeufern ist hier alles vertreten. Und mittendrin, das Epizentrums der frischen Fischrestaurantes. Im lauten, nervenden Stils der Anmacher vor den Tourirestaurantes jeglichen Landes, versuchen sie die Kunden zu gewinnen. Ich habe mir gedacht, ok, das kannst Du nicht verhindern, dann hoere Dir mal die Geschichten der einzelnen Animateure an. Die waren tatsaechlich abenteuerlich. Eigentlich sprach jeder deutsch, eigentlich sind die Deutschen die liebsten Gaeste. Gut, das war nicht schlecht, aber jeder konnte besser. Mir wurde von den Lebkuchen aus Aachen, Wuerstchen aus Nuernberg, Bier aus Muenchen vorgeschwaermt. Ich hoerte, dass Bremen neben Santiago den besten Fisch bietet. Das in den einzelnen Restaurantes schon hohe Politiker wie Johannes Rau gegessen haben. Das ist nur eine kleine Aufzaehlung der unerschoepflichen Phantasie der Markt- bzw. Restaurantschreier. Gewonnen hat allerdings Rodriguez. Als ich ihm sagte, ich kaeme aus Koeln, erwiderte er, er kennt einen Koelner den ich auch kenne. Ich dachte kurz an uns Willi Millowitsch, viel zu einfach, der war es natuerlich nicht. Sondern, der Hammer, Rodriguez hat einen Freund und der heisst Fritz Schramma. Als ich ihm sagte, das ist mein oberster Chef, lagen wir uns fast vertraut in den Armen. Dann erzaehlte er mir aber in einem sehr ernsten Ton, dass sein Freund ja wohl auch in einigen merkwuerdigen Geschaeften verwickelt sei. Da ginge es wohl um Korruption oder so was aehnliches. Als er dann aber auch sagte, er findet das nicht gut, nur muss Fritz wissen was er tut, da konnte ich nicht anders, ich nahm in seinem Restaurant Platz. Hier habe ich wohl den bis jetzt besten gegrillten Seeaal (wahnsinn vier Vokale) meines Lebens gegessen. Ich moechte anmerken, dass sich bei meinen Berichten manchmal Wahrheit und Phantasie etwas vermischen. Diese Geschichte ist allerdings genauso vorgefallen wie ich sie beschrieben habe. Genauso sicher ist, dass ich mich bald auf den Weg nach Mendoza machen werde, um mir die Seele fuer das deutsche Team aus dem Leib zu schreien. Und wenn dann noch irgendein Kubikzentimeterchen Luft in den Lungen ist, ja dann gilt das natuerlich den Argentiniern. Ein Land was ich noch nicht kenne, aber den Wein werde ich bald kennen lernen. Nun noch ein letzter Blick auf die schneebedeckten Wipfel und bald gehts wieder ab mit dem Bus. Sunday, June 18. 2006Salz, Stein und Kaktus bricht
Also liebe Freunde, da hat mich der Karneval hier in La Paz ganz schoen geschlaucht und geaergert, denn ich habe leider keine einzige Kamelle gefangen. Jetzt fahre ich frustriert wieder in die weite Welt. Im Kopf meine alten deutschen Schlager, die irgenwo hier im Text auch auftauchen. Fuer den, der die richtigen Titel und zugehoerige Interpreten alle aufzaehlen kann, gibt es dann spaeter bei mir Soleiessen bis der Arzt kommt.
Es ging in die groesste Salzwueste der Erde. Den Anfang habe ich mit der Bahn gemacht. Eine lange Fahrt in das Ungewisse. Die Bolivianische Eisenbahngesellschaft ist nicht mit den neuesten Modellen ausgerichtet. Zumindest werden diese Zuege auch nicht unpuenktlicher als die DB sein. Meine Lieblingsbahnen stammen von einem ueber 50 Jahre alten Friedhof der Eisenbahnen in Uyuni, dem Cementerio de trenes. Da auch noch eine lange Laufstrecke durch die Wueste bevor steht, habe ich mich erst mal auf den naechsten Zug geschwungen. Es rostet ein Zug im Nirgendwo, mit mir als Passagier, so begann mein neues Abenteuer. Der Salar de Uyuni, ueber 9000 qkm, 190 km lang und bis zu 60 km breit. Die Salzschicht ist bis zu 7,00 m maechtig, frueher ein riesiger Meer von dem jetzt die alten Qeuchastaemme nur noch traurig singen, mein Freund das Meer ist tot, es schwimmt nicht mehr. Als wissenschaftliches Team machten wir uns auf den Weg in diese riesige Einsamkeit, um nach Resten alter Tierkulturen zu suchen. Urspruenglich gehoerte der Salar zum gewaltig grossen Andenbinnenmeer Lago Minchins. Aber als der Ursee vor Jahrmillionen austrocknete, verliessen auch die letzten Dinosaurier diese Staette, legten sich auf den Boden und wollten nicht weiterleben. Denn ohne Wasser wurden die Dinosaurier einfach immer trauriger. In den unendlichen Weiten des Salars orientierte ich mich an meinem Guide und sagte, dass einzige was ich hier sehe sind Deine Spuren im Salz, aber gemeinsam mit der Gruppe erreichten wir die naechste Oase Incahahuasi. Sie hat auch den Namen Isla Pescado. Auf ihr wachsen zahllose, bis 12 m hohe Kakteen (ca. 120 Jahre alt) die Cardónes. Hier liess ich mir mal einen Stoppelbart stehen, denn vor mir stand mein kleiner gruener Kaktus. Diese Isla de pescado war wirklich ueberzeugend in ihrer Einmaligkeit des Kakteenwuchses. Aber der stundenlange Marsch in sengender Sonne ging weiter, die Socken qualmten und ich hatte jede Menge Salz in den Schuhen aus Uyuni. Wie gesagt, 190 km lang, das zu Fuss und teilweise mit dem Auto, da geht einem auch mal das ehemals schoenste Salzmeer auf die Soleier und im Kopf geisterte frustriert nur noch ein Gedanke, so schoen kann doch kein Meer sein, dass ich ihm lange nachwein. Und mit den Traenen des Frustes wurde die Tuer zum Hostal de la sal aufgestossen, um im beginnenden Abendlicht den anstrengenden Tag ausklingen zu lassen. Dieses tatsaechlich aus Salz gebaute Hotel hatte am Abend eine warme Dusche. Denn nachts macht das hier keinen Spass. Ueber 10 Grad unter Null sind ja auch kein Pappenstiel. Besonders der fruehe Morgen, 5.00 Uhr aufstehen war angesagt, der machte zu schaffen. Entlohnt wurde mit einem herrlichen Sonnenaufgang und den mittlerweile zu Freunden gewordenen Lamas, oft sahen wir auch die freilebenden Vicunás. Diese Tiere sind geschuetzt, sehr scheu und geben die wohl beste und auch teuerste Wolle der Erde. Ja, es gab natuerlich auch noch jede Menge eher ungewoehnlicher Steinformationen unterwegs auf der Strasse nach Laguna Colorada. Leider waren die bekannten rosa Flamingos, die Flameno de James, nur in weiter Ferne zu sehen. Wir hatten aber auch andere Probleme. Denn so schoen die Lagune in einem tiefen Rot glaenzt,so schoen wird es auch nachts kalt. Denn sage und schreibe 18 Grad unter Null. Ausgeruestet mit Schlafsack, Decken und allem was in meinem Rucksack war am Koerper, haben wir diese Teufelsnacht ueberlebt. Allerdings stehe ich jetzt noch unter Schock, zaehle verzweifelt immer wieder meine Zehen nach. Das war kein Spass, das war unsinniger Ausflugsbloedsinn. Die letzte Station ging vorbei an einem Gesyr zur Laguna Verde. An dieser Lagune findet zur Mittagszeit ein einmaliges Schauspiel statt, da sich Mineralien im Wasser verfaerben. Wurde uns erzaehlt, denn wir waren natuerlich gegen 9.00 morgens da, eine schweinekalte Zeit. Trotzdem noch ein schoener Anblick, da die Berge im Hintergrund entschaedigen. Das war die Wuesten, Salz und Kakteentour, die ich in Erinnerung an einen kuerzlich verstorbenen Kuenstler mit den Worten ausklingen lassen moechte, der da damals auf seiner Tour durch die geliebte Wueste des Lebens sang: Salz, Stein und Kaktus bricht, aber unsere Liebe nicht. Nun endet das Abenteuer Bolivien, allerdings auch die Erinnerungen an das deutsche Liedgut. Hier kurz die modern ausgestatte Grenzanlage zwischen Bolivien und Chile. Jetzt bin ich in San Pedro de Atacama in Chile. Die Atacama Wueste ist das vermutlich trockenste Gebiet der Erde. In dieser Wueste gibt es Bereiche, da hat es noch nie geregnet. Es sind Bergarbeiter Baraken gefunden worden, die wurden vor 100 Jahren verlassen. Die gefundenen Konservendosen haben noch keinen Rost angesetzt. Ebenfalls noch zu erwaehnen, ist der San Pedro Graben an der Pazifikkueste. Dieser Graben ist teilweise tiefer, als die Anden hoch sind, also weit ueber 6000m tief. Der Ort brummt aber auch nicht gerade vor Stimmung. Es ist trotzdem eigentlich sehr schoen hier, die Chilenen sind ausgesprochen freundlich. Allerdings ist hier auch alles auf Tourismus ausgerichtet, dementsprechend teuer ist hier alles. So werde ich nicht lange bleiben. Aber es wird natuerlich auch eine Menge geboten. So zum Beispiel ein Ausflug in das Tal des Mondes, Valle de la luna. Und der Name kommt nicht von irgenwo her. Diese ueber eine Million alte Gegend hat sich in tausenden von Jahren durch Trockenheit und die unablaessigen Winde gebildet. Diese Salzgebirge, Cordillera de la sal, sind in ihrer Beschaffenheit einmalig. Mit Phantasie ist auch der Name dieser Figur, die drei betenden Marias, entstanden. Aber hier gibt es tatsaechlich auch die Moeglichkeit des Surfens. Mal eine andere Art den Sand zu passieren. Im Hintergrund erheben sich auf bolivianischer Seite der ueber 6000 m hohe Cerro Sairecabur, der Volcán Lincancabur und der Cerro Juriques, alle aehnlich hoch. Das Panorama laesst mich schon in Ehrfurcht erstarren. Nun, aber dann ist es soweit. Bekannt ist der Ort fuer seinen Sonnenuntergang. Diese Farben, dieses Licht in dass das ganze Tal getaucht wird, uebersteigt auch meine gesetzte Erwartung. Da loesen sich so einige Anspannungen, mein Gott da brummts in der Birne. Eine sehr schoene Atmosphaere um Abschied zu nehmen. Hier lasse ich heute nochmals meine ersten 4 Monate Mittel- und Suedamerika an mir vorueber ziehen. Gedanken zu dem Beginn dieser Reise. Was ist eigentlich passiert in dieser Zeit, haben sich Wuensche erfuellt, sind Ueberlegungen eingetreten, mit denen ich garnicht gerechnet habe. Am Montag frueh geht es mit dem Bus in 24 Stunden nach Santiago de Chile. Da kann ich meinen Gedanken freien Lauf lassen. Monday, June 12. 2006Brilló folklore boliviano
Es wird ein ruhiges, schoenes Wochenende, so dachte ich, als ich gegen sieben die Augen oeffnete, ein wenig Cafe del Mar zum Aufstehen hoerte, (im Moment ist die zweite und neunte mein Favorit) und mich auf einen gemuetlichen Fussballtag freute.
Aber von wegen: Hier war heute das groesste Fest in Bolivien angesagt. Ja, vor Monaten habe ich die Prozessionen in Antigua mit dem Koelner Karneval verglichen. Sorry, da kannte ich noch nicht Bolivien. Was hier den ganzen Tag abgeht, das hat mit einer kleinen Dorffeier nicht viel gemein. La Entrada Folklórica del Señor Jesús del Gran Poder fue un derroche de alegrÃa, gala y belleza reflejada en los miles de ciudadanos que danzaron por devocion con sus mejores vestimentas y pasos al compás de la música de las bandas que interpretaron melodÃas que contagiaron la alegÃa al público que asistió a presenciar la llamada "Fiesta Mayor de Los Andes" en la ciudad de La Paz. Will sagen, hier spiegelt sich in aller Festlichkeit die uebergrosse Freude in herrlichsten Kostuemen, verbunden in aller Bruederlichkeit und Andacht zu Ehren des Herrn wieder, oder auch, hier steppt der Baer. Da bewegt sich 14 Stunden rund durch diese Millionenstadt eine endlose Schlange von tanzenden, singenden und aeussert musikalischen Menschen. Dieses Fest hat einen religioesen Ursprung. Deswegen werde ich auf Witze verzichten, denn offensichtlich geht es hier um ernste Themen. Themen, die von hunderten tanzenden Gruppen vorgebracht werden. Mein Tageserlebnis war aber heute ein ganz anderes. Ich habe beim Zuschauen des Zuges mit viel Ellbogeneinsatz auf einer Mauer gestanden. Da sah ich in 10 m Entfernung wie ein sehr alter Herr, zitternd und in voelliger Konzentration von dieser Mauer herunter steigen wollte. Seine Knie schlotterten, aber er schaffte die fuer ihn unueberwindliche Mauer von 1 m nicht. Da bin ich hin, habe ihm die Hand gereicht, ihn um die Huefte gefasst und damit war die grosse Huerde genommen. Fuer mich ein kleiner Akt, fuer den alten Herrn wohl etwas ungewoehnliches. Denn er nahm meine Hand, zog mich auf die Mauerkante, ja und dann erzaehlte er mir bestimmt 30 Minuten aus seinem sehr bewegten Leben. Mein Gott, Hector was habe ich Dich vermisst. Denn, das war alles sehr schnell, das war neben spanisch vermutlich Qechuan vermischt mit ein wenig Aymara. Das war ausserdem mehr als herzlich, aber ich waere froh gewesen wenn ich etwas verstanden haette. Nur, nach den 30 Minuten tat sich fuer mich eine andere Welt auf. Waehrend ich vorher noch auf dieser Mauer einen schweren Stand hatte, kaum etwas sah geschweige denn vernuenftige Photos machen konnte, so oeffneten sich auf einmal alle Tueren. Mehrere Maenner hielten den Daumen hoch, mir wurde auf die Schulter geklopft, ich hatte wohl viel Freunde. Ein Erlebnis das mich sehr beruehrte. Nun aber zurueck zu den Eindruecken der besonderen Art. Und die waren auch das ungewoehnliche Hoererlebnis. Denn jede tanzende Truppe wurde von einer Musikkapelle begleitet. Und ihr werdet es nicht glauben, die haben alle am heutigen Tag die gleiche Melodie gespielt. Gut, ich hatte die Musik (aechz, stoehn) ihr habt die Bilder. Ein wesentlicher Unterschied zum Koelner Karneval ist da doch der Blick. Als ich auf der Terasse das Lied "mir fehlt nur vom Balkon, die Aussicht op der Dom", im Ohr hatte, da sagte ich zu mir: Thomas, jetzt werde ich ungerecht, denn diese Aussicht hier ist zwar nicht der Dom, aber eine eben nicht zu vergleichende Sicht in unbekannten Laendern. So bin ich den ganzen Tag mit dem Zug mitgegangen. Oft habe ich laut Kamelle geschrien, natuerlich op Koelsch, hat aber keiner verstanden, gab nur grosse unglaubige Blicke. Und diese ausgelassene Freude hoerte auch nicht in den Abendstunden auf. Von wegen, das letzte Bild habe ich gegen 23.00 Uhr gemacht, und da war eine Ende noch nicht abzusehen. Wednesday, June 7. 2006Die ultimativen Bike-Touren
Der erste Tag
Nach der "worlds most dangerous road" in der letzten Woche habe ich nun den Entschluss gefasst, zwei weitere ausserordentliche Strecken zu fahren. Strecken, die es in sich haben, die nur von einer Hoffnung leben, der Hoffnung wieder gesund anzukommen. Am ersten Tag in luftige kalte Hoehen, der zweite Tag ging es durch unergruendliche Dschungelgebiete. Dazu musste erst mal La Paz verlassen werden. Es ist immer wieder unglaublich, diese in den Hang gebaute Millionenstadt zu sehen. Und wenn dann nach langer Zeit die obere Kante der Stadt erreicht ist, dann erstreckt sich ueber eine unueberschaubare Flaeche das Armenviertel el Alto mit 1,3 Mio Menschen. Weiter ging es mit dem Auto zum Startpunkt der Fahrt, in das 5.300 m hochgelegene Skigebiet Chacaltaya. Mit Blick auf den Huayna Potosi von 6088 m. Dieser Berg kann in 2 Tagen bezwungen werden. Ich habe da so eine Idee im Kopf, will nicht sagen was, sage nur R. Messmer. Nun aber zum Bike. Unglaublich der Schnee, aber auch unglaublich frisch hier oben. Das schoene bei diesen langen, niemals endenden Autofahrten den kalten Berg hinauf ist, dass kann alles mit dem Radl wieder runter gebrettert werden. Diesmal gab es zu Beginn eine lange Einfuehrung in die Technik des Herunterstuerzens. Wie lege ich mich in die Kurve, wie und wo fahre ich sie an, wo stehen die Pedalen, wie behutsam behandele ich den Bremsgriff ohne mit einem Satz (guenstiger Fall nur ueber das Bike, unguenstigen Fall weit ueber das Bike direkt in den Abgrund) den riesen Stunt hin zu legen. Denn ein Ziel hatten wir mit unserer Fahrt ganz bestimmt nicht vor Augen, wenn auch in herrlicher Lage; die Begraebnisstaetten der Einheimischen Bergbewohner. Also ging es vorbei an Gletscherseen, alten verlassenenen Minen und immer den Blick nach vorn, denn hinter der naechsten Kurve konnte schon eine Ueberraschung stehen. Selbstverstaendlich zeigte sich die Natur in ihrer ganzen Staerke. Wir waren froh, dass sie es zuliess, wie wir uns da austobten. Da liessen wir es uns auch nicht nehmen, mal ein wenig in Position zu gehen. Und dann kamen eine nie gezaehlte Anzahl von Haarnadelkurven, die in das Tal fuehrten. Heute war es meine perfekte Technik, die mich in einen Rausch steigern liess. Da wuchs ich ueber mich hinaus, nahm Kurve um Kurve in gefaehrlicher Schraeglage, taeschtelte den Bremsgriff und flog nur so ueber Stock und Stein in das tiefe Tal hinein. Als ich dann am Ende dieses Hoellenrittes im eiskalten River ein Bad nahm, da war ich fuer mich ein kleiner Held. Als sich dann auch noch in unmittelbarere Naehe ein riesengrosser, blaugruener Papagei zu mir ans Ufer setzte da fuehlte ich, dass sich heute auch die Natur vor mir verbeugte. Der zweite Tag Ein anstrengend, fazinierenderTag neigt sich dem Ende, denn nun sitze ich hier unten in Yolasa, heil angekommen in 1100 m Hoehe mit einem herrlichen Blick in das Tal, die Flasche eines bolivanischen Rotweines steht geoeffnet und schwer atmend neben mir, ich bin fix und foxi, eine Nebelwand schiebt sich langsam vor die majestaetischen Berge, der Papagei unter mir versucht laut schreiend im Baum die Mandarine zu oeffnen, der Adler zieht erhaben seine letzten Runden, jetzt oeffnet sich meine sentimentale Ader, ich fange ich vor lauter Glueck und Anstrengung an zu weinen, ich kriege einfach nicht die Kurve und der Satz wird immer laenger. Mal kurz und knapp, eine Steigerung von gestern war tatsaechlich noch moeglich, denn ich habe die phantastischste Mountain Bike Tour hinter mir, schoener und anstrengender haette ich sie mir nicht in meinen kuensten Traeumen vorstellen koennen. Beginnend in la cumbre auf 4750 m Hoehe sind wir heute mit einem erfahrenen Guide in einer kleinen Gruppe Wahnsinniger, eine alte nicht mehr genutzte Dschungelstrasse gefahren (vor langer Zeit sogar eine Eisenbahnstrecke, unglaublich). Also genutzt wird diese Strasse schon und zwar von Cocabauern, warum auch Radler nicht so gern gesehen sind. Und diese Strasse hatte es in sich. Die letzte Regenperiode hat tiefe Furchen in der Strasse hinterlassen. So tief, wie ich sie selten in den Gesichtern alter bolivianischer Bauern sah. Diesem halbverfallenen Weg sah man auch deutlich an, dass der Dschungel ihn sich wiederholen wollte. Denn zeitweise war kein Weg mehr zu erkennen. Dann gab es keine andere Moeglichkeit, als sich mit den maechtigen Schlaegen der Machete einen Weg zu bahnen. Die Fahrt dauerte 6 1/2 Stunden. In dieser Zeit hatte ich mein Bike ungefaehr 1 Stunde auf dem Buckel. Nicht nur, dass die Knie aufgeschuerft von kleineren Stuerzen waren, die Arme blutig aufgerissen von den immer wieder versperrenden Lianen und dornigen Kletterranken, die Moscitos meine freien Hautstellen als Menueeinladung sahen, nein die Schulter war auch noch blau vom Sattel. Jetzt schreibe und schreibe ich und noch kein Wort von der Tour. Wie auch, tief sitzt noch der Eindruck, als die Strasse ganz abgerutscht war. Da wurden Aeste zusammen gebunden und auf den verbleibenden Rest von Steinen gelegt. So ergaben sie zumindest den Halt, um sich an einer 150 m Schlucht mit dem Fahrrad auf dem Buckel, gebueckt unter dem Felsvorsprung vorbei zu hangeln. Und auf seine Schuhe vertrauend, dass sie nicht gerade in diesem Moment mal abrutschen. Oder auch der Abgang eines ganzen Hanges. Da legt sich das Geroell leider nicht so, dass ich es problemlos passieren kann. Nein vermischt mit grossen Baeumen, dicken Wurzeln und was sonst noch so dem Urwald einfaellt, gab es kein Durchkommen. So ist das nicht richtig, es gab immer ein Weiterkommen. Es gab auch Steigungen die nicht zu enden schienen. Die mir deutlich vor Augen fuehrten was Demut ist. In Demut Dinge erkennen, aber auch die Demut, sich selbst und die Steigungen zu akzeptieren und an seine Kraft zu glauben. Eben aus dieser Kraft und unendlicher Anstrengung zu zehren, die Steigungen mit Traenen der Verzweiflung allein zu schaffen. Denn hier war jeder auf sich allein gestellt, hier gab es keine Hilfestellung oder Moeglichkeit des Abbruches. Einmal die Fahrt begonnen, musste ich sie allein beenden. Weiter ging es in Einsamkeit durch Bachlaeufe die sich breit machten und somit der Sturz vorprogramiert war , matschige, morastige, tiefe Rillen und Steine die keine Unaufmerksamkeit verzeihen, hinter herabstuerzenden Wasserfaellen vorbei. Nach so einer Tortour den Berg hinauf, dann aber das, was folgen musste, Abfahrten die ich natuerlich nicht in Bildern fassen kann. Wie es ueberhaupt schwer faellt zu photografieren und gleichzeitig zu fahren. Das Fahren hatte es mehr und mehr in sich, denn im Laufe der Fahrten verbesserte sich meine Technik. Die Technik die so wichtig ist, ueber Baumstaemme zu jumpen, den kreuzenden Bach im Affenzahn so zu passieren, dass man nicht mittendrin landete. Ja und eine verbesserte Kurventechnik, die es ermoeglichte die Finger von den so lebensnotwendigen Bremsen zu lassen und sich driftend, schliddernd, und hauptsaechlich betend die Abhaenge herunter zu stuerzen. Vorbei an der unterschiedlichsten Flora des Dschungels. Ueber rotgruenen Teppichen aus Moos verneigten sich Farnblaetter so gross wie Bettdecken und in einer Vielfalt wie ich sie noch nie gesehen habe, wechselten sie sich weiter unten mit den schoensten Bananenblueten ab. Entlang den Bergkanten ging es direkt neben dem Weg teilweise hunderte Meter tief. Bei hohen Geschwindigkeiten die steilen Wege hinab, durfte ich mir ueber moegliche Materialermuedungen, einen platzenden Reifen oder einen nicht richtig angefahrenen Stein keine Gedanken machen. Denn sonst haette ich sie mir noch ein letzes Mal im freien Fall durch den Kopf gehen lassen koennen. Das war ein ganz besonderer Kick, dieses Hinunterstuerzen in das rettende Dorf heute. Nun gibt es keinen atmenden Rotwein mehr, ein letzter Blick auf die leuchtenden Berge, und die Hoffnung, dass ich es mit den mueden Knochen (heute spuere ich jeden Einzelnen im Koerper) bis zum Bett schaffe. Das ist hier in dem Dorf nicht einfach, weil es schon seit zwei Tagen kein Strom gibt und mit nur wenigen Kerzen alles dunkel bleibt. Aber langsam spuere ich auch, wie sich diese Dunkelheit ausdehnt und ich nur noch fuehle, wie mich ein grosses Farnblatt liebevoll schuetzend umhuellt und mich langsam in den wohlverdienten Schlaf wiegt. Sunday, June 4. 2006La Paz, mit Glueck erreicht
Warum mit Glueck erreicht?
Weil ich mal wieder Mister supaschussel war. Es ging morgens von Copacabana los. Dann nach 2 Stunden Fahrt musste der Titicacasee gekreuzt werden. Will sagen, abenteuerlich den Bus auf ne kleine Barke ueber Holzplanken gefahren und wir zum Hafenmeister, sollten mit einem kleinen Schiff ruebersetzen. Nur, ich musste auch mal schiffen. Also ne oeffentliche Toilette gesucht und dann gemuetlich zum Hafen zurueck. Da standen ja auch jede Menge Traveller wartend rum. Nach 10 Minuten stiegen die aber alle in einen Bus, der vom anderen Ufer kam. Da kam mir Blitzbirne die Idee, "vielleicht sind die ja aus meinem Bus schon weg". Und so war es, ich sah, wie die Barke mit meinem Bus, das Anlegemanoever am Hafen gegenueber begann. Wie der Blitz zur Kaimauer, musste ein Boot fuer mich alleine chartern und dann in Windeseile nach drueben. Habe den Bus gerade noch bekommen. Wenn nicht, der Busfahrer hat sich nicht um die Anzahl der Leute gekuemmert. Warum auch, in der KVB kontrolliert ja auch nicht der Schaffner, ob und wieviel Leute und weswegen noch in der Bahn sitzen. Wir kamen am groessten Busterminal in La Paz an, bekannt und beruechtigt fuer seine extrem hohe Diebstahlkriminalitaet. Hier werden die Sachen einfach vom Bus geworfen und liegen da. Wenn ich nicht im Bus gesessen haette, ich glaube mein riesen Rucksack haette da nicht einen halben Tag so im Freien gelegen. Aber was solls, ich habe es ja geschafft. Jetzt bin ich wieder in einem Moloch von Stadt. Ueber 2,3 Millionen Einwohner haben sich hier in einem Kessel auf 3600 m Hoehe angesiedelt. Die Stadt ist wahnsinnig laut, die Busse stinken und die Autofahrer halten auf alles drauf, was sich mit zwei Beinen bewegt. Aber es ist das bluehende Leben, hier mal ne Demonstration, da eine Kundgebung, alle Strassen immer verstopft, und eine Luft das es einem den Hals zuschnuert. Das liegt zum einen daran, dass ein 3-Wege Kat weder Sinn noch die Uebersetzung bis jetzt den Weg nach Bolivien gefunden hat. Eher gibt jeder Bus alles, den anderen mit seiner stinkenden Abgaswolke zu uebertrumpfen und zum Anderen sind da die tausend kleinen Garkuechen, die wohl nur zu Weihnachten mal das Fett wechseln. Dieser stinkende Fettgeruch macht mir am meisten zu schaffen. Da ist aber eine kleine Oase, mein Hostal, mitten drin throne ich ueber den Garkuechen, will sagen, schoene Aussicht, eine nette Unterkunft und alle 3 Tage wird auf dem Dach gegrillt (das ist ein schoener Geruch, Gruss an Hamburgergrillmeister Ralf, das ist auch der, der immer den wahnsinns Dessert auf der Motorradtour zauberte, so geschehen 1999 in Frankreich). Als ich so durch die Gassen schlendere, habe ich den ganz alten, tief religioesen Teil Boliviens entdeckt. Denn im Esotherik Haus und der Nachbarschaft sind viel geheimnisvolle Wundermittel und Saelbchen zu erwerben. Da weiss wohl nur der tiefverwurzelte Schamane, wofuer die Sachen alle gut sind. Aber ich glaube auch den Dorfaeltesten Wunderheilern ist nicht bekannt, gegen oder was sonst auch immer, getrocknete kleine Lamababys gut sein sollen. Denn als Mitbringsel halte ich so ein Souvenir fuer allzu schraeg. Was solls, sieht jedenfalls sehr skuril aus. Heute war die Abfahrt der gefaehrlichsten Strasse der Welt geplant. So zumindest der Veranstalter, wobei uns zwei Guides souverain herunter gefuehrt haben. Die Photos sind nicht allzugut, weil den ganzen Tag Regen und verschaerft Nebel. Diese Strasse ist die einzige Verbindungsmoeglichkeit, Material und Fruechte aus und in die Dschungelgegenden zu befoerdern. Auf dieser Strasse ist es so, dass der Verkehr der den Berg hinauf faehrt Vorfahrt hat und rechts an den Felsen faehrt. Teilweise ist der Weg nur 3 m breit. Immer wieder gibt es Ausweichbuchten, aber da stehst du ja nicht immer puenktlich. (Im letzten Jahr sind auf dieser Strasse ueber 100 Menschen durch Absturz gestorben). Wir, den Berg runter muessen Vorfahrt beachten und fahren tatsaechlich auf einer schmalen Spur, weil direkt daneben geht es 500 bis sagenhafte 900 m gerade gerunter. Auf den Pfiff des Guides achtend, mussten wir je nach Lkw sofort anhalten und absteigen und dass zur Strasse hin. Wenn nicht so befolgt, dann das uebelste Beispiel, eine Englaenderin, die ist zur falschen Seite abgestiegen, Gleichgewicht verloren und 400 m tief gefallen (wie vor einem Jahr geschehen). Mir ist es heute an einer sehr schmalen Stelle passiert, dass ich den Lkw hochkommend, vorbei lassen musste. Da war lediglich so viel Platz, dass ich den Kopf sogar wegen dem Seitenspiegel noch zurueckziehen musste. Das Ganze beginnt bei 4760 m Hoehe und schweinekalten Temperaturen. Es geht dann 64 km auf eine Hoehe von 1100 m nach Corocio herunter. Nach anstrengenden 5 Stunden Fahrt mit hoechster Konzentration wartete hier ein schoenes Hotel auf uns, wo wir uns mit Duschen aufwaermen konnten und ich entspannt bei schoener Aussicht in den beginnenden Abendhimmel schauen durfte.
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