Erst mal tausend Dank fuer die grosse Anteilnahme. Ich bin gestern abend wiedergekommen und trotz Hunger sofort in das Hotel. Bin noch etwas unsicher, aber das legt sich langsam. Meine Gesundheit ist besser, kann schon wieder fast normal essen.
Hier meine Empfindungen am Morgen auf dem Weg zum Machu Picchu.
Es ist ein seltsames Gefuehl jetzt im Zug zu sitzen. Die Gedanken sind noch oft beim Ueberfall. Immer noch so unwirklich, manchmal glaube ich das ist alles ein Traum, gleich wache ich auf und alles ist so wie immer.
Bei der Ausfahrt aus Cusco vermisse ich meine Kamera, um die Momente entlang der Bahnstrecke festzuhalten. Denn die Haeuser entlang der Schienen druecken wirklich Armut aus. Das ist kein Elend, kein Dreck, aber die Waende aus rohem Stein, die Wellblechdaecher, Fetzen von Tuechern als Gardinen, Pappe als Fenster, das sieht traurig aus. Und bei solchen Eindruecken relativiert sich der Verlust einer polarisierenden Sonnenbrille von nur 8 Gramm, oder einer Uhr die mir 27 Grad und eine Hoehe von 3435 m anzeigt. Und wenn ich sehe, dass Kinder den Muell anzuenden um sich zu waermen, dann stellt das die Wertigkeit einer Kamera mit 5 Millionen Pixel ebenfalls in Frage. Das ultraleichte Fernglas mit dem ich so schoen beobachten konnte was weit weg ist, fehlt natuerlich, aber wie waers dann mal mit einem Blick ganz nah zu mir.
Man hat mich ueberfallen, gewuergt bis zur Ohnmacht, aber ich hatte viel Glueck und den Verlust heisst es, lernen zu verschmerzen.
Jetzt sitze ich in im Zug, nicht in irgendeiner Bahn, sondern dem Zug der zum Machu Picchu faehrt. Eigentlich sollte ich sehr zufrieden sein.
Also widme ich meine Aufmerksamkeit dem, der mich jetzt um 5.30 fuer viele Stunden faehrt:
Der Zug
Es ist das schauckeln und rattern,
heulen der Sirene, quietschen, aechzen, stoehnen
und auch lautes knattern
im aufgehenden Sonnenlicht
der Zug sich langsam durch die Berge bricht
schnaufennd auf die Hoehe, gekreuzt die Weichen
die Schienen regeln seinen Weg
und er hat alles auszugleichen
Mit letzter Kraft, die Spitze ist erklommen
in der Ferne das Ziel, er ahnt es schon verschwommen
Nun schiebt er sich abwaerts in die Baeume hinein
Bambus, Zypressen, entlang dem Kakteenhain
Vorbei an Ziegen, Pferden, Schafen
laut laesst er die Sirene pfeifen
nun ist er ausgeschlafen
das wackeln und rattern wird rytmisch und frei
er gruesst den rauschenden Bach
die Sirene, ein gluecklicher Schrei
Abwaerts, er faengt an zu hopsen und zu jubilieren
jetzt kommt er in Fahrt, keine Zeit zu verlieren
er rast durch die Ebene, die Gelenke drehen sich unbeschwert
die Muehe den Berg hinauf, die Fahrt in das Tal ist es wert
er faehrt jeden Tag die gleiche Strecke
das Maisfeld, der grosse Baum, die Oleanderhecke
vorbei am stillblauen See,
die Weide mit dem dicken Schwein
dahinter die graue Fabrik
in den naechsten Bahnhof hinein
jeden Morgen hin, am Abend zurueck
die Regelmaessigkeit, das ist sein Glueck
Und wenn im tiefen Tal, sich die Berge ueber ihm zusammen neigen
neben ihm der Wildbach ruhig rauscht
dann sind Quietschen und Rattern Engelsgeigen
und nur der Natur er noch lauscht
Berge und Taeler, der Himmel spiegelt sich in gruenblauen Seen
mittendurch das staehlernde Ungetuem
sie werden ineinander gluecklich vergehen.
Ich haette sehr gern mit Bildern meinen alten Freund Romy gegruesst. Es war vor 35 Jahren in der Adenauersiedlung im Keller meiner Eltern, als er mir von der Kraft und dem Geheimnis des Machu Picchu vorschwaermte. Nun sind viel Jahre vergangen und wir haben uns aus den Augen verloren, aber die Begeisterung und Ehrfurcht in seiner Stimme habe ich nie vergessen.
Deswegen ein dickes Danke an Dich Romy, wo immer Du auch bist.
Danke denn bald sehe ich den Machu Picchu.
Einen Tag spaeter morgens um sechs ist es so weit:
Es ist ein besonderes Erlebnis, diese Staette zu sehen. Der Unterschied zu Palenque und Tikal ist nochmals gewaltig. Die Anden in ihrer majestaetischen Pracht zu erleben, wirklich einzigartig. Es gibt hier so viele Stellen sich zurueck zu ziehen, um diese Eindruecke ueberhaupt zu verarbeiten. Da sind zum einen die alten Haeuser und Tempel, so hoch in den Berg gebaut. Mit einem Platz, der dem Condor gewidmet ist. Denn fuer die Inkas war dieser Vogel ein Heiligtum, denn der Condor bringt die Seelen in den Himmel.
Phuu, und dann die Natur. Ich haette wirklich nicht gedacht, dass Berge mich so begeistern koennen. Und bis in die hoechsten Spitzen, die schneebedeckt im gleissenden Sonnenlicht glaenzen, sind sie vom immergruenen Dschungel bedeckt.
Umwerfend ist das Spiel der Wolken. In den unglaublichsten Formen schieben sie sich immer wieder veraendernd durch das riesige Bergmassiv. Ich sass da zwei Stunden und habe Rotz und Wasser geheult. Ich glaube hier weinen viele Menschen. All die Traenen sammeln sich im Tal und steigen als Dunst wieder auf. Oben in den Bergspitzen verwandelt sich der Dunst in die Wolken. Und eben diese Wolken haben die Formen, die jeder gerne sehen moechte. Da laufen die Traenen wieder, und alles beginnt von vorn.
Ich habe hier einen Ort gefunden, wo ich ueber ganz tiefliegende Dinge nachdenken konnte. Und ich habe nicht nur nachgedacht, sondern auch einige Entscheidungen fuer mich getroffen. Aber diese sind sehr persoenlich, so das ich es hiermit belasse.
Natuerlich ist damit nicht der Bericht zum Machu Picchu gemeint. Aber da ich nur Bilder mit einer Wegwerfkamera machen konnte und die Quelle zu den fundierten Reiseberichten sich jetzt in anderen Haenden befindet wird es zur Fertigstellung noch einen Tag dauern.